Ich habe vor ein paar Wochen ein Simpad SLC geschenkt bekommen – dabei handelt es sich um einen Mini-Tablet PC den Siemens 2000 bis 2001 verkauft hat. Er hat einen 9-Zoll Touchscreen, 200 MHZ StrongARM Prozessor, 64 MB Ram und 32 MB Flash. Man kann das Gerät über eine PCMCIA Karte mit Wlan versorgen – oder man erweitert den Festplattenplatz mit einer CF Karte im PCMCIA Adapter. Bei eBay gehen die Geräte derzeit für unter 50 Euro über den Ladentisch (neu und mit Garantie).
Das Gerät wird mit Windows CE.net 4.0 ausgeliefert – dazu gehört auch der IE 5. Gelinde gesagt ist das Betriebssystem unerträglich langsam – da das System keinen Ausschalter hat, sondern nur in Standby versetzt werden kann müllt Windows sich nach und nach (sprich innerhalb von zweimal Anschalten) so zu, dass an produktives Arbeiten (z.B. Spiegel-Online lesen) nicht zu denken ist. Totaler Mumpitz also.
Zu Glück gibt es mit Angström Linux eine Alternative, die sogar mit Linux Kernel 2.6 arbeitet – einzig die Soundausgabe will damit nicht laufen. Da mit Angstroem auch Konqueror 2007 funktioniert, der unzweifelhaft besser und performanter läufte als IE 5, habe ich mich entschieden Wind CE.net zu entsorgen und das Pad neu zu flashen.
Man kann das Simpad nur über ein Simpad Datenkabel (D-Sub auf Lumbard Stecker) flashen – das sieht zwar genauso aus, wie ein altes Siemens Datenkabel für S25 Handys, ist aber leider völlig einmalig belegt – man kann also wirklich nur dieses sehr spezielle Kabel verwenden – ich hatte kein solches Kabel und leider kann man sie auch nirgendwo mehr kaufen, da Siemens den Support irgendwann eingestellt hat. Jörg hat mir freundlicherweise dabei geholfen ein Kabel zu löten und nach 2 Stunden Fummelarbeit hatten wir ein sehr fragiles Datenkabel hergestellt. (Pin-Belegung für beide Stecker gibts bei www.opensimpad.org).
Also zuerst einmal nach der Anleitung von opensimpad ein Update für den Bootloader eingespielt – dann einen neuen Bootloader von handheld.org installiert. Erstaunlicherweise hat das Kabel gehalten. Tipp: Die ganze Prozedur wenn möcglich unter Linux oder Windows XP durchführen, da mit Hyper Terminal (Programme>Zubehör>Kommunikation) (oder minicom) hier gleich kostenlose Terminal Emulatoren zur verfügung stehen.
Nach dem Einspielen des X11-Images von der CF Karte setzte erstmal Ernüchterung ein – ziemlich schreckliche Oberfläche und die Kallibrierung des Touchscreens funktionierte so schlecht, dass der Spaß sich doch arg in Grenzen hielt. Zum Glück bietet Angström auch eine Alternative mit der GUI OPIE, die extra für mobile Geräte entwickelt wurde. Nach ein paar Minuten hatte ich das gräßliche X11 System überschrieben und OPIE gestartet – ich bin immer noch begeistert – OPIE bietet wirklich sehr viel gute Funktionen in ansprechender Form – z.B. gleich eine vernünftige Verwaltung von WLAN-Devices – kein Vergleich zum X11 oder dem gruseligen CE.net Treiber.
Nachdem Angström lief habe ich erstmal ein Systemumdate gestartet – hier trat dann leider das Problem auf, dass der Flashspeicher des Sympads sofort vollief und das System dannach nicht einmal mehr booten wollte. Daher hier ein wichtiger Ratschlag:
Nach dem Download der Paketliste erstmal die Listen, die man eh nicht braucht (Python, Perl, debug) gleich wieder löschen – der Ort dieser Listen wird im Paketmanager von OPIE über ein Interface festgelegt – die ganzen Shell-Arbeiten gehen natürlich über den Terminalemulator viel schneller als über den Touchscreen (es sei denn man schafft es ein Keyboard an den Com-Port zu löten 😉
Danach das System erstmal neustarten – df in der Console offenbart, dass der Flash-Speicher jetzt zu 94% voll ist. Das reicht dafür, die OPIE Kernpakete mit dem Paketmanager oder über ipkg upgrade zu aktualisieren. Danach sind noch 1-2% des Speicherplatzes frei (also weit unter einem MB) – das reicht nicht für Konqueror-embedded – also (Tipp 2) sollte man Platz schaffen, indem man alle restlichen ipkg Listen per Hand löscht (also nur die Update-Paketlisten natürlich) – das sollte normalerweise immer noch nicht genug sein – am besten noch ein paar der mitinstallierten PIM Pakete löschen (z.B. das Point und die TODO Listen) – am besten direkt mit dem Paketmanager im OPIE. Da ich ja die Update-Listen zuvor gelöscht hatte um Platz zu gewinnen habe ich das Konqueror-embedded und das benötigte libstdc++ Paket direkt am PC auf die CF geladen (aus dem Angströem Package Browser) und dann am Simpad einfach mit ipkg install <paketname des heruntergaladenen ipkg Paketes> installiert. Konqueror-embedded funktionert erst nachdem man die OPIE Kerndateien auf den neuesten Stand gebracht hat!
Um HTML-Dateien von der lokalen CF Karte öffnen zu können war es bei mir notwendig, die Karte mit dem ext2 Betriebssystem zu formatieren – dazu einfach die Karte ins Simpad einstecken und in der Console mit
mke2fs /dev/hdc1 (die genaue bezeichnung – z.B. /dev/hda oder so erfährt man ganz einfach, indem man die PCMCIA Karte mit der CF Karte aus dem Simpad nimmt während der Terminalemulator verbunden ist) formatieren (parted ist nicht installiert) – dannach wurde die CF Karte als /media/hda gemounted. Unter Windows kann man dann mit Total Commander (Shareware ohne Funktionseinschränkung) und dem ext2 Plugin auf das Laufwerk zugreifen – mit dem ext2 opensource Treiber für Windows von sourceForge hatte ich Probleme aber bei anderen scheint er zu funktionieren.
Unter Linux kann man die Wlan Karte sogar dank wpa_supplicant in einem WPA Netz betreiben – eine Anleitung mit Beispiel gibt es auch auf opensimpad.org – ein bisschen fummeln muss man evtl noch um die Config zum laufen zu bekommen – aber zu wpa_supplicant gibt es auch viele gute deutsche Tutorials im Netz.
Jetzt habe ich ein wesentlich performanteres System mit guter Touchscreen Unterstützung, WPA Support und einem halbwegs modernen Browser 🙂
Ich glaube meine Nerd-Merit-Bagdes habe ich mir mit diesem Projekt redlich verdient 🙂